Unangenehme Gefühle und Emotionen – Warum sie so wichtig sind

Angst, Wut, Trauer, Ekel, Scham, Schuld, Frust oder Eifersucht – all diese unangenehmen Emotionen und Gefühle begleiten uns im Laufe unseres Lebens. Oft sehnen wir uns danach, sie schnell loszuwerden und zu vermeiden. Doch warum existieren sie überhaupt, wenn wir sie doch alle vermeiden möchten und keinen erkennbaren Mehrwert darin sehen?

Ähnlich wie körperliche Schmerzen uns darauf aufmerksam machen, dass etwas nicht in Ordnung ist und uns motivieren, Maßnahmen zu ergreifen, erfüllen auch negative Gefühle und Emotionen einen entscheidenden Zweck. Sie dienen als Signale, die uns auf Unstimmigkeiten hinweisen. Wir können sie als hilfreiche Wegweiser unserer Psyche betrachten.

Diese unangenehmen Emotionen sind unsere inneren Alarmsysteme, die uns auf Gefahren oder herausfordernde Situationen hinweisen. Die Angst warnt uns vor möglichen Risiken, die Wut gibt uns die Energie, gegen ungerechte Umstände anzugehen, und die Trauer ermöglicht uns, den Verlust von geliebten Menschen oder Dingen zu verarbeiten. Scham und Schuld erinnern uns an unsere moralische Verantwortung und fördern soziale Bindungen, während Frustration uns dazu anregt, alternative Wege zur Zielerreichung zu finden. Selbst Eifersucht, obwohl oft quälend, kann uns wichtige Informationen über unsere Bedürfnisse und Wünsche liefern.

Schon im Säuglingsalter beginnt unsere Beziehung zu negativen Emotionen. Babys weinen, um Unbehagen oder Frustration auszudrücken. Diese frühen Erfahrungen zeigen, dass negative Emotionen von Anfang an ein natürlicher Teil des Lebens sind. Mit der Zeit entwickeln sich diese Emotionen weiter. Kleinkinder lernen, mit Wut, Trauer und anderen negativen Gefühlen umzugehen. Diese Erfahrungen sind entscheidend für die emotionale Entwicklung.

Negative Emotionen begleiten uns in der Kindheit, Jugend und im Erwachsenenalter. Sie dienen als Alarmglocken für Probleme und ungelöste Konflikte. Das Verständnis und der Umgang mit ihnen sind entscheidend für unsere psychische Gesundheit und unser Wohlbefinden. Kurz gesagt, diese unangenehmen Emotionen sind keine Feinde, sondern vielmehr unsere inneren Verbündeten. Sie helfen uns, unsere Emotionsregulation zu verbessern, unsere zwischenmenschlichen Beziehungen zu vertiefen und unsere Fähigkeit zur persönlichen Entwicklung zu fördern. Wenn wir lernen, sie zu verstehen und konstruktiv damit umzugehen, können sie zu einem wichtigen Werkzeug für unser emotionales Wohlbefinden und persönliches Wachstum werden.

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Was bedeutet das nun für den Umgang mit negativen Gefühlen im Alltag?

Akzeptanz. Heiße deine negativen Gefühle willkommen und akzeptiere, dass sie in deinem Leben existieren. Es bedeutet nicht, dass du dich ihnen ergeben oder dich von ihnen überwältigen lassen musst. Vielmehr ist das Ziel, ein bewusster und achtsamer Umgang mit ihnen. Es ist okay, wenn du weinst. Es ist okay, wenn du wütend bist. 

Pausieren. In Situationen, in denen du von deinen negativen Empfindungen überwältigt wirst, darfst du dir Zeit und Raum geben, um kurz zu pausieren. Hier ist es hilfreich, tief durchzuatmen – lange durch die Nase ein- und durch den Mund hörbar ausatmen. Alternativ empfehlen wir dir die 5-7-8-Atemtechnik. Die Atmung kann dich dabei unterstützen, die körperliche Anspannung hin zur Entspannung abzubauen und handlungsfähiger zu werden. 

Erkunden. Was möchte dir das negative Gefühl sagen? Häufig möchten wir negative Gefühle schnellstmöglich loswerden und so versuchen wir sie zu ignorieren und zu verdrängen. Dies kann dazu führen, dass die Ursache unbehandelt bleibt und die Gefühle wiederkehrend sind. Nimm dir Zeit, deine Gefühle genauer zu erkunden. Wann trat das Gefühl erstmals auf? Wie fühlt es sich genau an? Habe ich dieses Gefühl häufiger? Welche (unbefriedigten) Bedürfnisse könnten hinter diesem Gefühl stehen? Begib dich auf eine Erkundungstour, um die Ursache deiner unangenehmen Empfindungen auszumachen. Manchmal ist es offensichtlich, was dazu führte – manchmal ist es nicht direkt erkennbar. 

Handeln. Wenn du die Ursache für deine Empfindungen vielleicht identifizieren konntest, kannst du dir überlegen, was hilfreich wäre, dir dabei zu helfen, dich besser zu fühlen. Körperliche Aktivität kann dazu beitragen, die Anspannungen langsam wieder abzubauen und einen klareren Kopf zu bekommen. Gespräche mit vertrauten Personen können helfen, die vielen Gedanken in deinem Kopf auszusprechen, zu sortieren und insgesamt eine Erleichterung zu bringen, sowie neue Perspektiven zu eröffnen. Vertraue außerdem auf deine bisherigen Erfahrungen: was hat dir in früheren, ähnlichen Situationen geholfen?

Wichtiger Hinweis:

Empfindest du über einen längeren Zeitraum sehr häufig negative Emotionen und Gefühle, bedeutet dies nicht, dass du diese einfach akzeptieren solltest. In diesen Fällen ist es empfehlenswert, dich an eine vertraute Person oder an professionelle Psycholog*innen zu wenden und über deine Situation zu sprechen.

Noelle-Julie Brand
Author: Noelle-Julie Brand

Psychologie (B.Sc.)

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