Mit Worten Brücken bauen

Kommunikation ist ein grundlegender Bestandteil des menschlichen Daseins. Sie durchdringt nahezu jeden Aspekt unseres Lebens. Bereits unsere frühesten Vorfahren kommunizierten miteinander, um Informationen über Gefahren, Nahrungsquellen und soziale Strukturen auszutauschen. Diese frühzeitliche Form der Kommunikation war entscheidend für das Überleben und legte den Grundstein für die Entwicklung komplexerer Sprachen und sozialer Strukturen. Auch heute ist Kommunikation ein unverzichtbarer Bestandteil unseres täglichen Lebens. Sie befähigt uns, unsere Gedanken, Gefühle und Ideen mit anderen zu teilen, unsere Bedürfnisse auszudrücken, Beziehungen zu pflegen und Informationen auszutauschen.

Es ist demnach nicht verwunderlich, dass es bei dieser höchstrelevanten Rolle, die Kommunikation im Leben eines jeden Menschen spielt, auch immer wieder zu Schwierigkeiten kommen kann. Oftmals liegen diese in Missverständnissen, unterschiedlichen Erwartungen und mangelnder Klarheit in der Übertragung von Botschaften begründet. Stress, Zeitdruck und emotionale Belastungen können die Fähigkeit zur klaren Kommunikation weiter erschweren. Daneben tragen auch unterschiedliche Meinungen oder Interessen, sowie individuelle Kommunikationsmuster und -gewohnheiten dazu bei, dass die Kommunikation bei Personen erschwert werden kann.

Gewaltfreie Kommunikation

Insbesondere in konfliktbehafteten Situationen, beispielsweise wenn wir uns über die Partnerin oder auch den Kollegen ärgern, neigen wir dazu, uns in eine Art Verteidigungsmodus zu begeben und unserem Gegenüber Schuldzuweisungen zuzuschieben. Dies führt oft zu einer Eskalation des Konflikts und zu einer Verschlechterung der Beziehung. Um solche Schwierigkeiten zu reduzieren, entwickelte Marshall B. Rosenberg die Gewaltfreie Kommunikation (GfK). Sie basiert auf den Aspekten Empathie und Verständnis, erfordert ein aktives Zuhören und soll so zu einer wertschätzenden Haltung dem/der Gesprächspartner*in gegenüber beitragen. Die Gewaltfreie Kommunikation basiert auf den folgenden vier Schritten:

  1. Beobachten. Der erste Schritt besteht darin, sachlich zu beschreiben, was tatsächlich passiert ist, ohne zu urteilen oder bewerten.

    Beispiel 1 (privat): „Ich habe bemerkt, dass wir uns in letzter Zeit über die Aufteilung der Aufgaben im Haushalt oft nicht einig sind und wir uns deshalb häufig gestritten haben.“

    Beispiel 2 (beruflich): „Ich habe festgestellt, dass ich in der letzten Teambesprechung mehrmals unterbrochen wurde und meine Präsentation wenig Beachtung gefunden hat.“

  2. Gefühle. Versuche im nächsten Schritt die Gefühle in Bezug auf die Situation zu erkennen und mitzuteilen, ohne, dass du deinem Gegenüber die Schuld für diese gibst.

    Beispiel 1 (privat): „Ich bin traurig, dass wir so oft streiten und es frustriert mich, dass es für mich so viel Zeit in Anspruch nimmt, all den Erledigungen im Haushalt nachzukommen.“

    Beispiel 2 (beruflich): „Das hat mich verletzt und ich habe mich sehr unwohl gefühlt.“

  3. Bedürfnisse. Überlege im dritten Schritt, welche Bedürfnisse hinter diesen Gefühlen versteckt sind und benenne diese.

    Beispiel 1 (privat): „Ich brauche Unterstützung und das Gefühl, dass wir die Verantwortung für unseren gemeinsamen Haushalt fair teilen.“

    Beispiel 2 (beruflich): „Ich habe das Bedürfnis nach Respekt und Wertschätzung für meine Arbeit.“

  4. Wunsch/Bitte. Formuliere als letztes deinen Wunsch bzw. eine klare und vor allem positive Bitte, wie diese Bedürfnisse erfüllt werden könnten, ohne dein Gegenüber zu verletzen.

    Beispiel 1 (privat): „Können wir bitte nochmal darüber sprechen, wie wir die Haushaltsaufgaben besser aufteilen könnten, um beide damit zufrieden zu sein?“

    Beispiel 2 (beruflich): „Könnten wir sicherstellen, dass in zukünftigen Teambesprechungen genügend Zeit für Präsentationen eingeplant werden und dass alle Teilnehmenden die Möglichkeit haben, ihre Gedanken und Fragen zu äußern, damit wir in einer wertschätzenden Atmosphäre arbeiten können?“


Es ist zu erkennen, dass der Fokus weg vom „Du“ hin zum „Ich“ gelenkt wird, um Schuldzuweisungen und Konfrontationen zu vermeiden. Indem wir unsere eigenen Gefühle und Bedürfnisse achtsam ausdrücken und uns gegenseitig zuhören, schaffen wir eine Grundlage für respektvollere und konstruktivere Gespräche, selbst in konfliktbehafteten Situationen. Die Gewaltfreie Kommunikation im privaten und beruflichen Alltag anzuwenden erfordert Übung. Natürlich ist es außerdem hilfreich, wenn sich der/die Gesprächerpartner*in offen diesbezüglich zeigt und diese Kommunikationsform im besten Falle selbst anwendet. Auch wenn die GfK keine Patentlösung ist, bietet sie eine Basis für respektvollere und wertschätzendere Gespräche.

Noelle-Julie Brand
Author: Noelle-Julie Brand

Psychologie (B.Sc.)

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