Die heutige Zeit ist geprägt von einer immer weiter zunehmenden Digitalisierung. Viele Menschen verbringen einen Großteil Ihres Alltags vor Bildschirmen, um zu arbeiten, sich zu informieren und vor allem um sich unterhalten zu lassen.
Egal ob Spiele wie Candy Crush oder soziale Netzwerke wie Instagram oder Facebook- Alle haben eines gemeinsam: sie machen unheimlichen Spaß und vertreiben unzählige Stunden an Langeweile. Aber warum ist das so?
Belohnung, Gewohnheit, Automatismus
Das liegt vor allem daran, dass so gut wie alle aktuell erfolgreichen Unterhaltungsapps auf einem uralten menschlichen Mechanismus beruhen – der operanten Konditionierung.
Kurz gesagt, beschreibt dieser Mechanismus das Lernen durch Belohnung und Bestrafung und spielt vor allem in der Erziehung eine große Rolle. Malt das Kind zum wiederholten Male mit einem wasserfesten Filzstift auf der Raufaser Tapete im Wohnzimmer, dann wird es (höchstwahrscheinlich) durch die Reaktion der genervten Mutter schnell merken, dass das Verhalten nicht optimal ist. Anders sieht die Reaktion der Mutter aus, wenn das Kind mit dem selben Stift die selben Striche auf einem Blatt Papier malt. Plötzlich erkennt das Kind ein freudiges Lächeln im Gesicht der Mutter, was nichts anderes als eine positive Belohnung für das Kind darstellt. Mit der Zeit wird das Kind hundert Mal das gleiche Bild gemalt haben und diese mit stolz den Eltern präsentieren, so lange, bis die Wirkung der positiven Rückmeldung abgenommen hat. Dieser äußert wichtige Lern-Mechanismus ist im menschlichen Hirn verankert und bleibt ein Leben lang erhalten.
Und genau diesen Mechanismus sprechen die genannten Apps gezielt an. Sie möchten ja schließlich, dass man die eigenen Anwendungen so oft und so lange wie möglich nutzt, damit sie mehr Werbung schalten und dadurch mehr Werbeeinnahmen generieren können. Und das machen sie, in dem sie positive Verstärker in ihrer Apps einbauen. Bei Spielen sind das dann freigeschaltete Inhalte oder Levels und bei sozialen Netzwerken Benachrichtigungen über Likes oder Follower. Diese Verstärker belohnen unser Gehirn und führen dazu, dass wir mehr Zeit in diesen virtuellen Welten verbringen.
Wie geht man damit um?
Das Problem dabei ist, dass sich schnell eine Smartphone Sucht ausprägen kann. Wegen der ständigen Verfügbarkeit von Smartphone Apps und der Belohungsgefühle. Deshalb greifen immer mehr Menschen unbewusst zu ihren Geräten und öffnen gewohnheitsmäßig ihre Lieblings-Apps. Deshalb sollten wir uns die Zeit nehmen und unsere Smartphone Gewohnheiten hinterfragen. Hier finden Sie eine paar nützliche Tipps wie du deine übermäßige Nutzung wieder in den Griff bekommen kannst.
Smartphonenutzungsbogen
Damit wir ein besseres Verständnis für unsere gewohnheitsmäßige Smartphone-Nutzung bekommen, macht es Sinn, jede einzelne App zu hinterfragen. Warum nutze ich die App? Welchen Mehrwert bietet sie mir? Wie fühle mich während der Nutzung und wie danach? All diese Fragen helfen uns dabei, Apps ausfindig zu machen, die uns persönlich nicht gut tun.
Hier kannst du einen Auswirkungsbogen herunterladen, ausdrucken und ausfüllen. Ja, richtig gelesen, ausdrucken und nicht auf deinem Handy ausfüllen ;-). Durch das ausfüllen des Bogens auf Papier bekommst du wieder mehr Bezug zum Analogen und sparst gleichzeitg Bildschirmzeit. Je öfter und länger du diesen Bogen ausfüllst, desto besster. Du wirst merken, dass du Zusammenhänge zwischen der Smartphone Nutzung und deiner Stimmung besser verstehst und Apps entdecken, die dir mehr schaden als Nutzen.
Was ist das Ziel des Bogens?
Ziel dieses Bogens ist es, dass du herausfindest, welche Auswirkungen die Apps auf dein Wohlbefinden haben. Fülle die Spalten täglich ein und schaue sie dir nach 7 Tagen erneut an. Dadurch kannst du feststellen, welche Apps du zukünftig nicht mehr so oft nutzen oder gar löschen solltest. So erlangst du etwas Kontrolle über deinen Smartphone Gebrauch zurück und fängst an, die Auswirkungen auf deine Gefühle und Stimmungen etwas besser zu verstehen.
Wie oft soll ich den Bogen ausfüllen?
Fühle den Bogen am besten täglich aus. Am besten abends, wenn du dich noch besser erinnern kannst. Nach einer Woche kannst du dir Bögen erneut ansehen und schauen, welche Apps du am längsten genutzt hast und welche Gefühle sie in dir ausgelöst haben.
Wie funktioniert der Bogen?
In die erste Spalte schreibst du die am häufigsten genutzten Apps. In die zweite Spalte schreibst du die jeweilige Nutzungsdauer der Apps, die du in den Einstellungen deines Handys findest. Neben den Spalten „Informieren“, „Unterhalten“, „Kommunizieren“ zählst du die Dauer der Nutzung zusammen, die in diese Kategorie fallen. Hast du beispielsweise 15 Minuten Candy Crush gespielt und dir 37 Minuten Instagram Inhalte angesehen, die dir keine brauchbaren Informationen gegeben haben, trägst du bei „Unterhaltung“ 52 Minuten ein.
Tipp: Um herauszufinden, ob etwas „Informierend oder Bildend“ war, frage dich, ob du etwas Neues gelernt hast oder nicht. Wenn nichts hängen geblieben ist oder du dich nicht erinnern kannst zählt es zu „Unterhalten“.
In der dritten und vierten Spalte kreuzt du das passende Gefühl an. Hast du dich gut gefühlt, weil du vielleicht ein motivierendes Video gesehen hast? Oder hast du dich aufgeregt, weil du Kommentare in Facebook durchgelesen hast? All diese Dinge lösen bestimmte Gefühle in dir aus, die du dort angibst.
In die letzte Spalte schreibst du, welchen Mehrwert die Nutzung für dich hatte. Zum Beispiel „Langeweile vertreiben“, „entspannen“ oder „ich habe etwas gelernt“. Danach überlegst du dir, ob die Nutzung der Apps, sowie die Gesamtnutzung aller Apps an diesem Tag sinnvoll oder eher nicht sinnvoll gewesen ist. Dadurch findest du heraus, ob du die Zeit, die du für die Apps aufgewendet hast, vielleicht besser hättest nutzen können.
Wie analysiere ich den Bogen?
Hast du mittlerweile mehrere Bögen ausgefüllt? Super! Du gehst einen Schritt in die richtige Richtung! Jetzt kannst du damit beginnen, zu analysieren, welche Apps dein Leben bereichern und welche es möglicherweise verschlechtern. Sieh dir die Nutzungszeiten an und frage dich, ob die Zeit, die du dafür aufgewendet hast, gut investiert war. Zeit ist kostbar und man sollte aufpassen, dass man nicht zu leichtfertig mit ihr umgeht. Kommt dir die Nutzungszeit zu viel vor oder bemerkst du, dass du dich oft schlecht fühlst oder du so gut wie keinen Mehrwert durch die Nutzung bekommst, dann solltest du dir überlegen, ob du die App-Nutzung nicht reduzieren oder gar löschen solltest. Dadurch kannst du dir mehr Zeit für wichtigere & wertvollere Dinge schaffen und vielleicht neue Interessen entdecken. Natürlich braucht man auch manchmal eine „Ablenkung“, „Erholung“ oder „Auszeit“. Aber das kann man ebenso gut oder sogar viel besser ohne das Handy! Wichtig ist, dass du verstehst, welche Gewohnheitsmäßige Nutzung gut und welche schlecht für dich ist. So kannst du deine Lebensqualität verbessern.
Tipps zur Reduzierung von Bildschirmzeit
- Deaktivieren von Benachrichtigungen. Schalte alle deine Unterhaltungs-Apps stumm! Keine Sorge, du wirst nichts Dringendes verpassen. Es macht keinen Unterschied, ob du jetzt oder erst in ein paar Stunden davon erfährst. Dafür wirst du nicht in deinen alltäglichen Beschäftigungen unterbrochen und abgelenkt.
- Apps löschen. Du hast sicherlich eine menge Apps die du nicht wirklich benötigst. Schaue nach, welche Apps dir keinen Mehrwert bieten oder sogar deine Stimmung verschlechtern. Lösche sie einfach und du wirst merken, dass ein aufgeräumtes Handy auch zu einem strukturierteren Alltag führen kann.
- Bildschirmzeit aktivieren. Reguliere deine tägliche Nutzung, indem du Auszeiten oder Limits für Apps einstellst. Auf der nächsten Seite findest du Anleitungen, wie du die Bildschirmzeit auf deinem Handy beschränken kannst.
- Smartphone-Orte festlegen. Ein Vorteil und Problem zugleich, ist, dass du dein Handy überallhin mitnehmen kannst. Denn dadurch hast du deine Ablenkung immer in deiner Nähe. Deshalb ist es sinnvoll, deine Handynutzung auf bestimmte Orte zu beschränken. Zum Beispiel kannst du dir vornehmen, dein Handy zukünftig nur in dein Wohn- und Esszimmer mitzunehmen. Das heißt, das Handy wäre dann in deinem Schlafzimmer, Arbeitszimmer und Bad tabu! Dadurch legst du dir Smartphone-freie Orte an, die gut für deine Konzentrationsfähigkeit und Entschleunigung sein werden. Noch besser ist es sogar, wenn du dein Handy nur noch an einem Ort in deiner Wohnung verwendest und dir dadurch die Gewohnheit antrainierst, dein Handy an diesem Ort liegen zu lassen.
- Smartphone-Zeiten festlegen. Ebenso sinnvoll wie eine örtliche Beschränkung ist eine zeitliche Beschränkung. Lege dir Zeiten fest, in denen du dein Smartphone nicht nutzen möchtest. Zum Beispiel kannst du festlegen, dass du dein Handy nur noch zwischen 12.00 – und 19.00 Uhr nutzen wirst. Ein zusätzlicher Vorteil bei einer zeitlichen Grenze am Abend ist, dass du deinen Schlaf massiv verbessern kannst. Durch das fehlende und ungesunde Displaylicht schonst du deine Augen und hilfst dir dabei, wieder einen natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus in deinen Alltag zu bekommen. Dein Körper wird es dir danken und du wirst am nächsten Tag ausgeschlafener seiner als zu vor.
- Die Smartphone Nutzung unattraktiver machen. Ein Grund warum, wir unser Handy so gerne nutzen ist, dass es einfach schön aussieht, intuitiv ist und schnelle Ladezeiten besitzt. Wir müssen nicht lange warten und bekommen innerhalb von ein paar Sekunden schöne Farben und Formen angezeigt, die uns verführen, das Handy länger zu nutzen. Was können wir dagegen machen? Das Handy gegen ein älteres und schlechteres einzutauschen ist meist keine Option. Allerdings gibt es Möglichkeiten, die Verführungen zu verringern, indem wir die Nutzung unattraktiver machen. So kann man z.B. einen Graumodus aktivieren, damit die schönen Farben verschwinden oder die Schriftgröße erhöhen. Dadurch verliert die Nutzung des Handys an Reiz, während du in deiner Umgebung neue Dinge entdeckst, die dein Interesse wecken. Probiere es einfach aus!
- Überlege dir, wie es dir nach der Benutzung von Apps geht. Viele Studien belegen einen negativen Einfluss der Nutzung von sozialen Netzwerken auf die Psyche. Neben schlechter Stimmung, Begünstigen sie u.a. Depressivität und verschlechtern das Selbstwertgefühl. Aber wie kann das sein? Warum nutzen wir Apps, die uns nachweislich unglücklicher machen? Weil wir uns der Wirkung nicht bewusst sind! Das die gewohnheitsmäßige Nutzung oft unbewusst abläuft, machen wir uns keine Gedanken darüber, wie es uns dabei eigentlich geht. Deshalb sollten wir uns nach jeder Nutzung kurz fragen, ob es uns jetzt besser oder schlechter geht. Wenn wir dann nach einer Zeit merken, dass bestimmte Apps dazu führen, dass es uns schlechter geht, dann sollten wir einfach aufhören sie zu nutzen. Schließen. Löschen. Fertig. Ganz egal welche App oder welcher Inhalt es ist oder was dein*e Freund*innen von dir halten, wenn du ihre Selfies nicht mehr mitbekommst oder Likest. Dein Wohlbefinden steht an erster Stelle und du wirst dich einfach besser fühlen. Früher oder später werden dich deine Freund*innen dafür beneiden.
Für Apple Geräte
Auszeit festlegen
- Wähle „Einstellungen“ > „Bildschirmzeit“.
- Tippe nacheinander auf „Bildschirmzeit aktivieren“, auf „Fortsetzen“ und auf „Mein iPhone“.
- Tippe auf „Auszeit“ und aktiviere die Option „Auszeit“.
- Wähle „Täglich“ oder „Tage anpassen“ und gib Anfang und Ende der Auszeit ein.
Limits für Apps einrichten
- Wähle „Einstellungen“ > „Bildschirmzeit“.
- Wenn die Bildschirmzeit noch nicht aktiviert ist, tippe auf „Bildschirmzeit aktivieren“, auf „Fortfahren“ und dann auf „Mein iPhone“.
- Tippe auf „App-Limits“ und danach auf „App-Limit“.
- Wähle eine oder mehrere App-Kategorien aus.
- Wenn du Limits für einzelne Apps festlegen willst, tippe auf den Namen der Kategorie, um alle Apps in dieser Kategorie anzuzeigen. Wähle danach die Apps aus, für die du ein Limit festlegen willst. Wenn du mehrere Kategorien oder Apps ausgewählt hast, gilt das Zeitlimit für alle.
- Tippe auf „Weiter“ und lege die erlaubte Zeitspanne fest.
- Tippe zum Festlegen einer Zeitspanne für jeden Tag auf „Tage anpassen“ und gib Limits für bestimmte Tage an.
- Wenn du ein Limit für weitere Apps oder Kategorien festlegen willst, tippe auf „Apps auswählen“ und wiederhole Schritt 5.
- Tippe nach Festlegen der Limits auf „Hinzufügen“, um zum Bildschirm „App-Limits“ zurückzukehren.
Graumodus aktivieren:
- Einstellungen / Allgemein / Bedienungshilfen / Display-Anpassungen / Farbfilter auf Ein schalten (Vorgabe: Graustufen).
Für Android Geräte
- Wähle „Einstellungen“ > „Digital Wellbeing“ / „Digitales Wohlbefinden“ / „Digital Balance“
- Tippe auf die entsprechenden Apps stelle ein Nutzungslimit ein
Graumodus aktiveren:
- Android: Einstellungen / Eingabehilfe / Sehhilfe und dort Graustufen anschalten (kann je nach Modell variieren).
Das Problem dabei ist, dass sich schnell eine Smartphone Sucht ausprägen kann. Wegen der ständigen Verfügbarkeit von Smartphone Apps und der Belohungsgefühle. Deshalb greifen immer mehr Menschen unbewusst zu ihren Geräten und öffnen gewohnheitsmäßig ihre Lieblings-Apps. Deshalb sollten wir uns die Zeit nehmen und unsere Smartphone Gewohnheiten hinterfragen. Hier finden Sie eine paar nützliche Tippsm wie du deine übermäßige Nutzung wieder in den Griff bekommen kannst.
Author: Pascal Seitz
Psychologe (M.Sc.)